Schlichtungsverfahren sind besser als Klagen

von Heinz Grabher

Referent Volker Frey in Aktion. Sabrina Nitz lauscht dem Vortrag
Referent Volker Frey in Aktion. Sabrina Nitz lauscht dem Vortrag

„Schlichtungsverfahren vor dem Bundessozialamt sind ein großer Fortschritt zur Bekämpfung von Diskriminierungen von Menschen mit Behinderung", lautet das Resümee des Juristen Volker Frey. In seiner Funktion als Generalsekretär des Klagsverbands berichtete Volker Frey auf Einladung von Reiz am 28. Mai im Hotel Krone über die Erfahrungen aus drei Jahren Behindertengleichstellungspaket.

Möglich gemacht wurden diese Schlichtungsverfahren durch das Behindertengleichstellungspaket vor drei Jahren. „Der Vorteil einer Schlichtung gegenüber einer Klage liegt darin, dass im Schlichtungsverfahren fast alles eingefordert, über alles geredet werden kann, während es beim Gerichtsverfahren nur um den eingeklagten Punkt geht. Und dieser Punkt ist in den meisten Fällen nur eine Schadenersatzforderung in Form eines Geldbetrages", so Volker Frey.

Roman Büchele vom Bundessozialamt schränkt jedoch ein: „Das Bundessozialamt kann bei den Schlichtungen nur als neutrale Instanz auftreten, kann kein Urteil abgeben, keine Sachverhaltsdarstellung machen - nur das Scheitern bestätigen, falls es zu keiner Einigung kommt."

Volker Frey berichtet über eine Auswahl an Fällen, die der Klagsverband für seine Mitglieder führte. Einer Klage z.B. gegen den ORF wegen mangelnder Untertitelung. Obwohl das Schlichtungsverfahren erfolgreich für den Kläger abgewickelt wurde, und die Vertreter des ORF alle Punkte unterzeichnet haben, hat der ORF keine Forderungen des Verfahrens erfüllt. Der Ausgang des Verfahrens ist noch offen, mit guten Chancen auf Erfolg.

Auf großes Interesse stieß auch die Klage gegen einen öffentlichen Verkehrsbetrieb wegen Ungleichbehandlung von Schwerkriegsbe­schädig­ten und anderen Menschen mit Behinderung. (Schwerkriegsbeschädigte können gratis fahren, während Menschen mit Behinderung Fahrkarten kaufen müssen.) „Es muss soziale Gründe geben, wenn jemand weniger bezahlt als andere", so Frey. Der Ausgang dieses Verfahrens wird laut Frey weitreichende Folgen haben und alle Verkehrsbetriebe in Österreich betreffen.

Frey zeigt aber auch die Grenzen des Gleichstellungspaketes auf: „Wenn eine Klage gewonnen wird und die Institution ihre Strafe bezahlt hat, aber sonst nichts ändert an ihrer Diskriminierung, muss wieder von einer geschädigten Einzelperson geklagt werden." Beim Beispiel ORF-Untertitelung könnte z.B. jeder Gehörlose in Österreich eine Schlichtung beantragen. Öffentliche Stellen sind verpflichtet barrierefrei zu sein. Irgendwann wird der Druck auf den ORF zu groß...

Diskutiert wurde am Schluss noch ein Anliegen von Reiz-Mitarbeiterin Claudia Fessler: es werden in Vorarlberg immer mehr kleinere Busse auf Linien eingesetzt, die mit ihrem Zuggerät nicht mehr zu besteigen sind. Es ist zuwenig Platz. Da seit dem 1.1.2009 Verkehrslinien verpflichtet sind Busse barrierefrei einzurichten sieht Frey eine Schlichtung als gute Lösung des Problems - der Versuch wäre es auf alle Fälle wert.

Seit der Gründung 2004 arbeitet Volker Frey als Generalsekretär beim Klagsverband, einem Dachverband von Vereinen, der die Diskriminierung in Österreich bekämpft. Er wurde im Zug der Debatte um das neue Gleichbehandlungsgesetz gegründet und besteht derzeit aus 15 Organisationen, darunter auch BIZEPS, Selbstbestimmt Leben Innsbruck und der Österreichische Gehörlosenbund. „Es geht dem Klagsverband darum, dass sachliche faire und allgemeingültige Entscheidungen gefällt werden", erklärt Frey das Anliegen des Verbands. Im Privatrecht wie dem Antidiskriminierungsgesetz, kann nur die geschädigte Einzelperson klagen, während im öffentlichen Recht auch unbetroffene Einzelpersonen klagen können. Das ist ein Problem, dem sich der Klagsverband stellt. Der Klagsverband möchte ein großes Netzwerk in Österreich aufbauen ist zum erstenmal im äußersten Westen des Bundesgebietes.

Es gab so viele interessante Wortmeldungen und Diskussionsbeiträge, dass am Schluss dem Referenten noch fast der Zug nach Wien davongefahren wäre ...

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